Die geopolitische Falle für Putin
Ein neues „Großes Spiel”:
Brzezinski und die „tschetschenische Mafia”

Von Dr. Jonathan Tennenbaum


 
 
Inhaltsangabe
 Der Tschetschenien-Konflikt
 Ein neues „Großes Spiel”
 Brzezinski und die „tschetschenische Mafia”

 

Der Tschetschenien-Konflikt

Tschetschenien-Konflikt. Westliche Medien verschweigen meist, daß Separatismus und Extremismus in Tschetschenien seit Jahren von anglo-amerikanischen Kreisen um Brzezinski und Thatcher unterstützt werden, um Rußland zu destabilisieren.

Schon vor der Geiselnahme in dem Moskauer Musicaltheater im Oktober 2002, und seitdem noch verstärkt, wird auf Rußland und seinen Präsidenten Wladimir Putin bezüglich der Lage im Nordkaukasus immer stärkerer Druck ausgeübt. Auf dem EU-Rußland-Gipfel am 11. November 2002 in Brüssel forderten EU-Vertreter von Rußland Verhandlungen mit dem tschetschenischen „Präsidenten” Maschadow zur Beendigung des Krieges in Tschetschenien. Putin seinerseits verurteilte Maschadow als Unterstützer von Terrorismus und lehnte Verhandlungen mit ihm kategorisch ab. Wütend über die ständigen aufdringlichen Journalistenfragen über „Menschenrechte” erklärte er, wenn Rußland seine „harte Linie” aufgäbe, würde dies zu einer unkontrollierbaren Ausbreitung des islamischen Terrorismus in ganz Südrußland führen, mit dem Endziel, große Teile des Landes abzuspalten und in der Region ein islamisch-fundamentalistisches „Kalifat” zu gründen.

Von verschiedenen Seiten werden „Friedenspläne” vorgelegt. So vom früheren russischen Ministerpräsidenten Jewgenij Primakow, der einerseits betont, es könne keine militärische Lösung geben, aber gleichzeitig einräumt, es gebe insbesondere seit der Moskauer Geiselnahme in Tschetschenien niemanden in verantwortlicher Position, mit dem die Russen sinnvoll verhandeln könnten. Primakow erklärt zudem, Maschadow habe „wahrscheinlich” vorher von dem Moskauer Terrorangriff gewußt, habe aber die separatistischen Kräfte in Tschetschenien nicht im Griff, so etwa viele der mächtigsten örtlichen Kommandeure und (oft vom Ausland gestützten) militanten Gruppen. Unterdessen häufen sich immer neue Meldungen über Abschüsse russischer Hubschrauber, Anschläge und Angriffe selbst in den sog. „gesicherten", von russischen Truppen besetzten Gebieten, und auch die Gefahr weiterer schwerer Terroranschläge in Moskau und anderen russischen Städten bleibt bestehen.

Die wichtigste Tatsache jedoch, ohne die jede Debatte über Friedensverhandlungen, Menschenrechte etc. absolut sinnlos ist, wird von den Medien übersehen oder sogar bewußt unterdrückt: Der Tschetschenienkonflikt seit 1989 war von Anfang an Teil eines geopolitischen Angriffs der Anglo-Amerikaner auf Rußland und ganz Eurasien. Obwohl das Ziel dabei sicherlich auch ist, Rußland in einen schier endlosen Konflikt zu verwickeln und längerfristig vielleicht sogar die Auflösung Rußlands vorzubereiten, geht es im Kern darum, ganz Eurasien in einen Dauerzustand religiöser und ethnischer Konflikte zu stürzen - ganz im Sinne von Huntingtons „Kampf der Kulturen” und des Konzeptes einer imperialen „Weltregierung”.

Das heißt: Eine Lösung kann es nur auf der weltweiten strategischen Ebene geben. Es besteht keine Hoffnung auf Besserung für die leidende Zivilbevölkerung, wenn die massive Unterstützung der „Kleinkriegssoldaten” und sonstige Manipulation von außen nicht beendet wird. Anschließend muß es eine realwirtschaftliche Entwicklung der Region geben, angefangen mit dem Wiederaufbau ihrer zerstörten Infrastruktur und ihrer Integration in die Infrastrukturkorridore der Eurasischen Landbrücke.

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Ein neues „Großes Spiel”

Kurz nachdem mit dem Eindringen „tschetschenischer Rebellen” nach Dagestan im August 1999 der zweite Tschetschenienkrieg begann, äußerte Lyndon LaRouche sich zu den Hintergründen des Konflikts, und seine Analyse ist heute ebenso wahr wie vor drei Jahren. Gegenüber einer russischen Zeitschrift sagte er: „In der Form und politischen Methode folgt diese Operation gegen Rußland dem Vorbild des 'Großen Spiels' der britischen Monarchie im 19. Jahrhundert im Transkauskasus und in Zentralasien. Man verwendet viele derselben Elemente, Methoden und Operationsgebiete, die das britische Empire seit den Tagen Benthams und Palmerstons ständig gegen Rußland verwendete ... Die gegenwärtige Operation ist eine Folge der Entscheidung von Thatcher und Bush 1989-91, die Sowjetunion zu zerstören und Rußland bis zu einem Zustand völliger Hilflosigkeit auszuplündern und aufzulösen.”

Ein entscheidender Faktor hinter der Spirale der Gewalt in Tschetschenien sei der immer stärkere Kulturpessimismus der Menschen in der früheren Sowjetunion im Zuge des wirtschaftlichen und sozialen Niedergangs. Dieser Pessimismus und die Schwächung des Staates hätten es äußeren Kräften ermöglicht, das in der Geschichte wurzelnde Potential für religiös-ethnische Kriege zu entflammen. Endgültig lasse sich dieses Konfliktpotential nur durch erfolgreiche Entwicklung der Lebensbedingungen der Menschen über mehrere Generationen hinweg überwinden.

LaRouche stellte diesen Krieg vom August 1999 in den Zusammenhang einer Serie „anglo-amerikanischer Militärabenteuer” seit dem Golfkrieg von 1991, so der Bombardierung des Sudan 1997, neuer Bombenangriffe auf den Irak und der Bombardierung Jugoslawiens 1998. Hinzu kämen der Zusammenbruch des russischen Finanzsystems im August 1998 und wenig später die Entlassung des auf eurasische Entwicklung orientierten Ministerpräsidenten Primakow durch Präsident Jelzin auf Druck Londons und Washingtons.

Heute fallen die neuen Operationen gegen Rußland im Nordkaukasus mit der erneuten Irakkriegspolitik und den Attacken der Washingtoner Kriegsfraktion um Cheney und Rumsfeld auf den Iran und andere Nationen im Nahen und Mittleren Osten und Asien zusammen.

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Brzezinski und die „tschetschenische Mafia”

Besonders auffällig wird die westliche Manipulation der Lage in und um Tschetschenien in der Person des früheren Nationalen Sicherheitsberaters der USA, Zbigniew Brzezinski, einem der wichtigsten Planer der gegenwärtigen neoimperialen Politik und fanatischen „Rußlandhasser". Brzezinski ist der Gründer und Leiter des Amerikanischen Komitees für Frieden in Tschetschenien (ACPC), das derzeit großen Druck auf Putin ausübt, eine von den Anglo-Amerikanern diktierte „Lösung” anzunehmen. Die Liste der Mitglieder des ACPC zeigt, daß es der Gruppe keineswegs um „Frieden” in Tschetschenien geht: Es sind altbekannte Vertreter des harten Kerns der „neoimperialen” Kriegsfraktion in den USA, wie etwa Richard Perle, James Woolsey, William Kristol und Michael Ledeen. Es handelt sich dabei  - allen voran Brzezinski selbst -  um die Gruppe, die in Amerika Unterstützung für die „Afghanzi”-Terroristen, darunter auch Osama Bin Laden, im Krieg gegen die Sowjets in Afghanistan organisierte.

Brzezinskis Operationen sind aber nicht auf die „weiche Linie” des ACPC beschränkt. Er hat auch   - u.a. über seine engen Kontakte zu dem dubiosen polnischen „Geschäftsmann” Maczej ("Mansur") Jachimczyk -   Verbindungen zu berüchtigten Vertretern der „tschetschenischen Mafia”. Einer davon ist der „Ölmagnat” Chosch-Achmed Nuchaew, ein dreimal vorbestrafter Schutzgelderpresser, auf dessen Konto auch Morde gehen sollen, der zu den Bossen des tschetschenischen organisierten Verbrechens in Rußland gerechnet wird.

Nuchaew wurde 1997 Vorsitzender der neugegründeten Kaukasus-Amerikanischen Handelskammer, deren Vize-Exekutivpräsident Jachimczyk war. Jachimczyk, der als Student in London zum Islam konvertierte, identifiziert sich öffentlich mit den von England unterstützten antirussischen Guerillakämpfern des 19. Jahrhunderts.

Nicht zufällig haben in den 90er Jahren Ex-Premierministerin Margaret Thatcher und andere führende britische Politiker die tschetschenischen Separatisten aktiv unterstützt, und das schon vor der Rebellion des Thatcher-Protegés Jochar Dudajew.

Typisch ist die Tatsache, daß der Mann der „Tschetschenenmafia”, Nuchaew, eine zentrale Figur in einer elitären Gruppe von „Geschäftsleuten” war, die im Oktober 1997 in Grosnij vertrauliche Gespräche mit Präsident Maschadow führte. Andere Mitglieder der Gruppe waren der enge Thatcher-Vertraute und frühere Schatzmeister der britischen Konservativen Partei Lord McAlpine, der Vorsitzende von Perigrine Investments aus Hongkong, Francis Pike, sowie Thatchers Imageberater Patrick Roberts. Alle hatten enge Beziehungen zu dem inzwischen verstorbenen Jimmy Goldsmith, einem der reichsten Männer Europas und bekannten Förderer von „Globalisierungsgegnern” (mit welchem Zweck?) und anderen radikalen Gruppen. Bei dem Treffen in Grosnij wurde eine Absichtserklärung u.a. über die Gründung einer Transcaucasian Energy Corporation unterzeichnet. Später, im November 1997, gründeten Nuchaew, Lord McAlpine und Pike in London den Caucasus Investment Fund, der 3 Mrd. Dollar für „Investitionen” im Kaukasus aufbringen sollte. Bei der Gelegenheit traf Nuchaew Thatcher und 20 führende Londoner Bankiers und wurde mit einem Galadiner geehrt.

Eine andere Schlüsselfigur ist übrigens der berüchtigte russische Milliardär Boris Beresowskij, der Kontakte zu besonders radikalen Tschetschenenführern wie Schamil Bassajew hatte, gleichzeitig aber ein mächtiger Mann der „Familie” um Boris Jelzin war und bis 1997 wichtige Positionen im Kreml innehatte. Später ging Beresowskij, der dem geheimdienstnahen Medienzaren Rupert Murdoch nahesteht, ins Londoner Exil, wo er unter dem Schutz des britischen Secret Service stehen soll. Das sind nur einige Beispiele von vielen für die Aktivitäten der Anglo-Amerikaner, die den beiden Tschetschenienkriegen den Boden bereiteten.

Unter diesen Bedingungen ist es offensichtlich absurd, von einem bloßen „russisch-tschetschenischen” Problem zu reden. Entscheidend wird sein, die massiven ausländischen Manipulationen in der Region zu beenden.

Dr. Jonathan Tennenbaum
(im März 2003)

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Dieses ist ein Artikel der
Weltnetzzeitschrift „Der Lotse”